Reanimation & Patientenverfügung: Mögliche Folgeschäden, Hintergründe & FAQ

Dem Thema Wiederbelebung stehen viele Menschen kritisch oder zumindest unschlüssig gegenüber. Was passiert, wenn ich keine Reanimation möchte und darf eine Reanimation trotz einer Patientenverfügung, in der diese ausgeschlossen wurde, durchgeführt werden? In welchen Fällen möchte ich wiederbelebt werden und wie gehen Notärzte und Sanitäter im Ernstfall vor? In welchen Situationen möchte ich nicht mehr wiederbelebt werden, weil eine nach meinen persönlichen Maßstäben empfundene Lebensqualität nicht mehr ausreichend gegeben ist? Um Ihnen Ihre Entscheidung zu erleichtern und diese für den Notfall festzuhalten, geben wir Ihnen an dieser Stelle wertvolle Informationen und Ratschläge an die Hand.

Was bedeutet Reanimation?


Reanimation heißt auf deutsch „Wiederbelebung“. Hierunter ist der praktische Einsatz von Maßnahmen zu verstehen, um einen Herz-, Atem- oder Kreislaufstillstand zu beenden. Durch Wiederbelebungsmaßnahmen wird dem Körper geholfen, seine überlebenswichtigen Funktionen wieder aufzunehmen.

Reanimation Wiederbelebung

Gibt es für die Reanimation Leitlinien?


Ja. Der „German Resuscitation Council“ (Deutscher Rat für Wiederbelebung) hat 2015 zum sechsten Mal seit 1992 Reanimation Leitlinien publiziert. In diese Leitlinien werden Therapieempfehlungen und die wissenschaftliche Basis zur Reanimation aufgenommen und thematisiert.

Wie erfolgt eine Reanimation?


Bei den Wiederbelebungsmaßnahmen ist die Herz-Lungen-Wiederbelebung die wichtigste Form von Erste Hilfe Maßnahmen. Der wichtigste Schritt ist dabei die Herzdruckmassage. Dabei sind die Arme des Ersthelfers gestreckt und der Brustkorb wird senkrecht von oben durch Gewichtsverlagerung des eigenen Oberkörpers auf das Sternum (Brustbein) 30-mal hintereinander eingedrückt (bei einer Frequenz von ca. 100 Druckausübungen je Minute). Die Einpresstiefe darf dabei ruhig 5-6 Zentimeter betragen. Nach der Herzdruckmassage wird zweimal hintereinander, wenn möglich Mund zu Nase, beatmet. Solange der Herzstillstand nicht beendet ist, werden diese beiden Schritte nacheinander wiederholt, 30 x Drücken, 2 x Beatmen.

Die Herz-Lungen-Wiederbelebung heißt auch kardiopulmonale Reanimation.

Was sind die Basismaßnahmen einer Reanimation?


Die Basismaßnahmen lassen sich in drei einfache Schritte unterteilen:

  1. Prüfen: Prüfen, ob die bewusstlose Person reagiert (z. B. durch Schütteln an der Schulter), Überprüfen der Atmung: Keine oder keine normale Atmung (z. B. Schnappatmung, Röcheln)?
  2. Rufen: Um Hilfe rufen – umstehende Personen einbinden und den Notruf absetzen
  3. Drücken: Fest und schnell (100 bis 120 Mal pro Minute) in die Mitte des Brustkorbes drücken

Wie vorher erwähnt, sollte eine Mund-zu-Mund-Beatmung oder Mund-zu-Nase-Beatmung durchgeführt werden. Mit der Herzdruckmassage kann der Restsauerstoff im Blut zirkulieren und das Hirn mit Sauerstoff versorgen. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes bzw. des Notarztes kann die Überlebenswahrscheinlichkeit so entscheidend erhöht werden.

Aus welchem Grund lehnen manche Menschen eine Reanimation ab?


Hätten Sie gedacht, dass nur elf von 100 Patienten überleben, wenn sie nach einer außerklinisch begonnen Reanimation in eine Klinik eingeliefert worden sind (Quelle: Deutsches Reanimationsregister 2019)? Bei der Gruppe der über 60-Jährigen sprechen Studien sogar von nur zwei von 100 Patienten, die ein derartiges Ereignis überleben. Das Risiko zu sterben erhöht sich also bei Menschen in höherem Alter deutlich. Gleiches gilt, wenn sie in einem gesundheitlich schlechten Ausgangszustand eingeliefert werden. Oder es droht eine langwierige intensivmedizinische Behandlung mit am Ende leider wenig Aussicht auf Erfolg. 

Führt man sich dies vor Augen, ist es nachvollziehbar, dass ältere bzw. schwerkranke Menschen eine Reanimation nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand ablehnen. Die aus medizinischer Sicht leider häufig berechtigte Angst vor Folgeschäden bzw. langem Leiden überwiegt hier. Möchten Sie etwas Derartiges vermeiden, können Sie im Rahmen einer Patientenverfügung vorsorglich für bestimmte Lebens- (bzw. Krankheits-) Situationen festlegen, dass bei Ihnen keine Reanimation mehr vorgenommen werden soll. Jetzt mehr über Patientenverfügung erfahren

Hilft ein Defibrillator bei einem Herzstillstand?


Wir sehen das in Filmen immer wieder. Bei einem Herzstillstand (Nulllinie) wird der Defibrillator zur Hilfe genommen und der Patient durch die Stromstöße, bei denen er vom Tisch abhebt, ins Leben zurückgeholt. Das ist aber nur im Film so.

Eine Defibrillation kommt zur Anwendung, wenn ein Herzkammerflimmern vorliegt oder eine pulslose ventrikuläre Tachykardie vorliegt, also das Herz noch elektrische Impulse ausweist. Ein Defibrillator kommt auch bei der Laienreanimation zum Einsatz. Der Ersthelfer hat damit die Aufgabe, während seiner Erste Hilfe Maßnahmen den Rhythmus eines Kammerflimmerns auf null zu bringen. Durch diesen „Reset“ des Herzens hat der Ersthelfer die Möglichkeit, durch die Herz-Lungen-Wiederbelebung wieder einen Pulsschlag mit gleichbleibendem Takt zu erreichen. Die an öffentlichen Orten zur Verfügung stehenden Geräte messen eigenständig, ob die Umstände für einen Stromstoß vorliegen. Zwischen den Elektrostimulationen ist die Herzdruckmassage und die Mund-zu-Nase-Beatmung fortzuführen.

Geben Ärzte während der Reanimation Medikamente?


Die Entscheidung, ob bei einer Reanimation Medikamente verabreicht werden müssen, treffen ausschließlich die Ärzte. Auch die Gabe von Medikamenten wird nur von Ärzten durchgeführt. Bei einer Reanimation kommt in erster Linie Adrenalin zum Einsatz. Dieses hat eine gefäßverengende Wirkung, wodurch die Durchblutung von Herz und Hirnregion verbessert wird. Bei mehreren Fehlversuchen bei der Defibrillation bekommt der Patient das Antiarrhythmikum Amiodaron, ein Medikament, das auch bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird. Die Medikamentengabe wird in den meisten Fällen intravenös, also direkt in die Vene, durchgeführt.

Welche Folgeschäden kann eine zu späte Wiederbelebung haben?


Die größten Folgeschäden entstehen dadurch, dass das Gehirn durch zu langen Sauerstoffmangel irreversible, also unumkehrbare, Schäden erleidet. Schon nach etwa 2 – 3 Minuten können die ersten Hirnschäden eintreten. Diese Folgeschäden müssen nicht zwangsläufig sofort erkennbar sein. Manche Patienten erleiden die Folgeschäden erst eine gewisse Zeit nach der Wiederbelebung. Wichtig ist, dass die Erste Hilfe sofort und schnell erfolgt. Jede Minute ohne Sauerstoff birgt ein höheres Risiko für dauerhafte Gehirnschädigungen. Nach 5 Minuten sind sie voraussichtlich schwer. Mehr als 10 Minuten Sauerstoffmangel überlebt das Gehirn in der Regel nicht und der Hirntod tritt ein.

Was kann ich zur Wiederbelebung in meiner Patientenverfügung regeln?


Einige Menschen sind vollständig gegen Reanimation und lassen sich entsprechende Schriftzüge auf die Brust tätowieren, damit der Ersthelfer oder Notarzt dies gleich sieht.

Das ist aber nach deutschem Gesetz keine wirksame Patientenverfügung. Bei Meine Patientenverfügung können Sie regeln, ob und in welchen Situationen Sie eine Wiederbelebung wünschen. So können Sie beispielsweise in der unmittelbaren Sterbephase darauf verzichten, bei Unfällen oder einem Stillstand des Herzens während einer Operation dies befürworten. Außerdem können Sie Begrenzungen vornehmen. Zum Beispiel: Reanimation nicht länger als 30 Minuten oder abbrechen, wenn unumkehrbare neuronale Schädigungen zu erwarten sind.

Reanimation durch Rettungsdienst trotz Patientenverfügung?


In einer Patientenverfügung können Sie grundsätzlich auch darüber Aussagen machen, wann Sie eine und wann Sie keine Reanimation wünschen. Im Fall von akuten Notsituationen, in denen beispielsweise ein Rettungsdienst oder ein Notarzt involviert sind, kann es aber zu einer Reanimation trotz Patientenverfügung, die eine Reanimation in diesem Fall ausschließt, kommen. 

Der Hintergrund ist die Dringlichkeit. Würden Rettungssanitäter oder Notärzte zuerst beginnen, eine eventuell vorhandene Patientenverfügung ausfindig zu machen, ginge ihnen die notwendige Zeit verloren, in denen sie den Patienten hätten retten können. Somit wird üblicherweise erst geholfen und dann nach den Wünschen recherchiert.

Besondere Bedeutung erhält eine Ablehnung von Reanimation, wenn sich der Patient bereits in einer Lebenssituation befindet, die seinen persönlichen Maßstäben von Lebensqualität nicht mehr gerecht wird. So kann es z.B. sein, dass ein Patient im Zustand einer weit vorangeschrittenen schweren Krankheit lebenserhaltende Maßnahmen beim Auftreten von akuten Komplikationen ablehnt, um sein Leiden verkürzen zu wollen.

Entscheidend hierbei ist natürlich, dass das direkte Umfeld bzw. das Personal der Einrichtung, in der der Patient bereits untergebracht ist, Kenntnis von einer derartigen Verfügung haben. Nur so kann dies gegenüber dem im Notfall eintreffenden medizinischen Personal auch verbindlich dargelegt bzw. gar kein Notfallszenario mehr angestoßen werden. Befindet sich der Patient in einem bereits länger währenden Zustand der Einwilligungsunfähigkeit und hat er eine derartige Ablehnung im Rahmen einer Patientenverfügung rechtswirksam verfügt, liegt es in der Verantwortung von Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigten entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

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